Gabriele Baumgartner: Lyrische Screenshots, 2019

 

 

Das Motiv immer im unmittelbaren Blick, bannt Brigitte Mikl Bruckner in ihren Ateliers in Wien und Wörterberg feine Stillleben und Interieurs auf Leinwand oder malt en plein-air sie interessierende Ausschnitte etwa eines Mohnfeldes in Grado, die Bergkuppen der Salzburger Alpen in Altenmarkt am Zauchensee oder die Zypresse in ihrem Garten in Wörterberg. Manchmal fokussiert sich die Künstlerin auf einen bestimmten Ausschnitt oder ein Detail, ein anderes Mal erzählt sie in einem weiten Ausblick von den sie gerade umgebenden Eindrücken. Sie kehrt oftmals an Orte zurück und schildert die Impression in veränderter Form, sei es durch einen anderen Blickwinkel oder dem wechselnden Licht und dem jahreszeitlichen Wandel geschuldet. So etwa entstanden im Laufe der Jahre in ihrem temporären Atelier in Altenmarkt am Zauchensee zahlreiche Momentaufnahmen der Bergspitzen und des Sees, die sie vom Balkon des Ateliers direkt überblickte. Die differenzierten Lichtstimmungen, die den Berg in eine andere Atmosphäre tauchten, nahm sie in ihren beiden Werken „Blaue Stunde, 2019“ und „Sommersonnenwende, 2019“ auf und erzählt dem Betrachter von den damit verbundenen Empfindungen. Das Festhalten des Lichtes und die wetterbedingten Einflüsse auf die Landschaft waren und sind immer essentielle Beweggründe in ihren malerischen Schilderungen. So etwa transportiert „Gewitter im Anmarsch, 2011“ die Stimmung eines aufkeimenden Unwetters, das sich in bedrohlichen Wolkentürmen dem gelben Weizenfeld und den Bäumen nähert, auf eindringliche Weise.

 

Immer wieder finden sich in Brigitte Mikl Bruckners Oeuvre Ansichten oder Ausschnitte aus einem ihrer Ateliers und damit ihres unmittelbaren Arbeitsraumes und Blickfeldes. So hielt sie die Aussicht aus dem temporären Studio in der Hellerfabrik schon 1985 auf der Leinwand fest („Hellerfabrik, 1985“). In späteren Arbeiten wie „Ausblick, 2009“ präsentiert sie den Stuhl, der oftmals Sujet einer ihrer Werke ist, auf dem Balkon ihres Wiener Ateliers und gibt damit dem Betrachter ein weiteres Stück ihrer persönlichen Umgebung preis. Generell können ihre Arbeiten als gemalte Screenshots ihres Umfeldes und ein künstlerisches Festhalten eines Momentes, in dem sie bestimmte Gegenstände oder Situationen wahrnimmt, interpretiert werden.

 

Im Laufe der Jahre erhob sie immer wieder sich im Atelier befindliche Sessel, Sofas, Koffer oder Taschen zum Bildmotiv und schilderte in eigenständigen, kleinformatigen Zeichnungen wie „Fensterkreuz, 2011“ und „Teddy Bär, 2011“ ihre nähere Umgebung und ihren Blick darauf. Otto Breicha schrieb schon 1998 über die Künstlerin: Wenn man sie hartnäckig befragt, gibt sie zu, dass es ihr irgendwie um das so genannte Wesen der Dinge geht. Nicht nur auch, sondern vor allem. Das gewisse Zuständliche, das auf ihren Bildern eine dermaßen wichtige Rolle spielt, gibt den von ihr abgebildeten Gegenständen eine merkwürdige, „einsame“ (wie sie sagt) Aura und Merkwürdigkeiten.1

 

1 Otto Breicha, Brigitte Bruckner, 1998, in: Brigitte Bruckner, Katalog 2007, S. 23

 

Das großformatige Gemälde „Mrs. Columbo, 2013-2016“ vereint neben einem Ausschnitt ihres Ateliers auch das wiederkehrende Thema der malerischen Auseinandersetzung mit Kleidung und Schuhen. Es sind ihre eigenen Jacken und Sakkos, die sie aufgrund ihrer unterschiedlichen Farben und Texturen auswählt und auf Kleiderhaken oder über eine Sessellehne hängend, darstellt. Im Laufe der Zeit veränderte sich die Wiedergabe der Sakkos: Wurden in der Vergangenheit die Kleidungsstücke noch in ihrer Gesamtheit auf Leinwand gebannt – wie etwa „Sakko auf weißem Sessel, 2009“-, so reduzierte sie im Laufe der Zeit immer mehr die Darstellung zu Andeutungen, so etwa in der Arbeit „Blaues Sakko, 2014“, in der beim dargestellten Sakko der zweite Ärmel fehlt und im unteren Bildteil nur die Umrisslinie des Kleidungsstückes skizziert wurde. Gerade in dieser Unvollkommenheit, dem Changieren zwischen Skizzenhaftigkeit und Reduktion auf das Wesentliche, liegt die Spannung für den Betrachter, denn so wird sein Vorstellungsvermögen in die Darstellung mit einbezogen und es entsteht ein aktiver Dialog. Der Künstlerin geht es nicht um das bloße Abbilden eines Gegenstandes, sondern das Bild soll mit dem Betrachter in Interaktion treten.

 

Die Malerin gibt in ihren sensiblen, lyrischen Arbeiten ihre Empfindungen von einer Landschaft oder einem Gegenstand in ihrer Umgebung preis und erzählt damit ein Stück von sich selbst.

 

 

Anlässlich der Ausstellung und des Kataloges: Im Laufe der Dinge, 2019 entstanden