Berthold Ecker: Das Abenteuer der Malerei, 2023

 

Im Werk von Brigitte Bruckner überzeugen aufs Erste die Bravour des malerischen Vortrags, der subtile Einsatz der Farbe bei gleichzeitiger Zurückhaltung und Opulenz und die sichere Erfassung des Gegenstandes. Ihre Motive könnten konventioneller nicht sein und erscheinen doch aktuell und lebendig. Egal ob eine Landschaft, eine Jacke, eine Puppe oder ein Paar Schuhe, all diese Repräsentationen sind uns zutiefst vertraut. Und es sind Dinge, die für die Malerin Bedeutung haben, denen sie Gewicht gibt, indem sie ihnen Wesenhaftigkeit verleiht, sie mit persönlichen Bezügen erfüllt. Jeder dieser abgebildeten Gegenstände, jede dieser Landschaften macht das unmittelbare Erleben, das Gegenüber zwischen der Malerin und dem Gemalten deutlich. Dieser Dialog scheint mit ins Bild gemalt und das Malen wird zum Akt der Eingliederung in den eigenen Erfahrungsschatz. Das Verständnis von Malerei als Weltaneignung ist für viele Künstlerinnen und Künstler ein Lebenselixier, das erst das Sein in der Welt ermöglicht. Bruckner begreift diesen Vorgang als ein lustvolles Abenteuer und ein Wagnis, dem es gilt, sich mit Kontemplation und Konzentration zu stellen.

 

Meist ist die Bildtiefe gering, Gegenstände werden in die Fläche aufgeklappt und eher einer emotionalen Sicht als einer optischen Realität unterworfen. Räumliche Wirkung entsteht durch die Schichtung von Farbflächen, Perspektivlinien sind auf ein Minimum reduziert. Die formale Erfassung der Dinge erfolgt summarisch und reduziert die Dinge auf Wesentliches. Fast immer ist die Szenerie ohne andere Akteure gegeben, die Dinge wirken wie alleingelassen, alles Störende wurde aus dem Zwiegespräch zwischen der Malerin und ihrem Motiv ausgeblendet. Dieser Dialog bedingt den malerischen Prozess, der die gesehene Wirklichkeit in eine andere, geschaffene Realität überführt.

 

 

Brigitte Bruckners Malerei ist offen direkt und verknappt wie ein Haiku und voller Spannung aber auch Ruhe wie eine Geschichte von Hemingway. Das, was nicht ausgeführt wurde, bleibt als Spur einer Möglichkeit auf der Leinwand oder dem Papier, die Richtung in die es erahnbar und spürbar wird, ist in der scheinbar schlichten Sprache des Pinsels eingebettet. Dergestalt wird Malerei zu einer Gratwanderung zwischen einer begeisternden Gipfelerfahrung und dem Absturz, den jeder Fehltritt des Pinsels herbeiführen kann. In manchen Fällen erscheint der Gegenstand fast nur noch als Negativform, wenn beispielsweise das orange Sakko über einem Biedermeiersessel hängt, der gleichsam als Fehlstelle Gestalt annimmt. Und auch in den Landschaften wird die Erhabenheit und Größe einer Szene mehr durch das aufnehmende Auge hinzugefügt, als dass es einer Faktizität folgen würde. Durch dieses „Anspielen“ des Motivs erklingt dessen Musik direkt in der wahrnehmenden Person und zeichnet sich somit durch einen Grad an Authentizität aus, der in detaillierterer Wiedergabe kaum herstellbar wäre. Dieses malerische Abenteuer ermöglicht das Ankommen im Erleben einer anderen Person. Bruckners bildnerisches Schaffen bedeutet somit Kommunikation auf sehr hohem Niveau.