gABRIELE bAUMGARTNER, Das Wesentliche und die Freiheit, 2023

 

Das wechselnde Jahresbild ihrer südburgenländischen Umgebung, die Stimmungen des Lichtes auf der Landschaft im italienischen Grado oder der Salzburger Berge rund um Altenmarkt am Zauchensee werden als Eindrücke direkt vor Ort auf die Leinwand oder das Papier gebannt. Manchmal fokussiert sie sich auf einen Ausblick oder ein Detail, ein anderes Mal erzählt sie in einem weiten Ausschnitt von den sie gerade umgebenden Sinneseindrücken. Gerade das Festhalten des Lichtes und die wetterbedingten Einflüsse auf die Landschaften waren und sind immer essentieller Teil ihrer malerischen Arbeit. Ihre Werke sollen ihr Sehen und Empfinden in dieser Momentaufnahme schildern.

 

In den Ateliers von Brigitte Mikl Bruckner entstehen Stillleben ihrer auf Haken gehängten Kleidungsstücke, markante Ansichten von Früchten, Bildnisse ihrer eigenen Schuhe oder jener von geliebten Menschen und sie zeigt die florale Schönheit von arrangierten Blumen. Oft nur angedeutet und skizziert, sollen sie mit dieser Unvollkommenheit in einen aktiven Dialog mit dem Betrachter treten. Seit wenigen Jahren verrät die Künstlerin auch in den gewählten Bildtiteln etwas über ihre Stimmung, die Situation oder ihre Sichtweise auf das Motiv und lässt in Gedankensplittern und in Lyrik den Betrachter noch ein Stück weiter in ihre Welt eintauchen.

 

Immer noch bezeichnend, schrieb der österreichische Kunsthistoriker, Museumsdirektor und Publizist Otto Breicha (1932–2003) 1998 über die Künstlerin: „(…) Wenn man sie hartnäckig befragt, gibt sie zu, dass es ihr irgendwie um das sogenannte Wesen der Dinge geht. Nicht nur auch, sondern vor allem ... Dieses Festhalten des Wesentlichen ist der markante Ausgangspunkt in ihrem Oeuvre, ebenso wie die Freiheit, die sie sich – zurecht – nimmt, sich in kein Genre pressen zu lassen und dem Betrachtenden ihren Blick auf ihre Weise zu schildern. Auch wenn es bedeutet, manches Mal anzuecken.

 

Wie sehr sie einen Austausch auf Augenhöhe mit gegenseitiger konstruktiver Kritik schätzt, beweisen ihre gemeinsamen malerischen Aufenthalte mit ihrer Mutter Theresa Bruckner, bei denen beide Künstlerinnen, oft dasselbe Sujet vor Augen, zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen. Ebenso mit Josef Mikl (1929–2008) verband Brigitte Mikl Bruckner neben der familiären Bindung auch eine konstruktive, künstlerische Auseinandersetzung. Auch wenn beide dasselbe Motiv ins Auge fassten – so zum Beispiel Melanzani oder Bananenblüten – waren die Ergebnisse völlig divergierend: Josef Mikls Arbeiten gingen sehr stark in die Abstraktion und Brigitte Mikl  Bruckner ist und war in der Gegen-ständlichkeit verhaftet. Neben der familiären Verbundenheit war aber der künstlerische Dialog über 25 Jahre lang mit dem sogenannten „Erstbesichtungsrecht“ für soeben entstandene Bilder prägend. Die gegenseitige Unterstützung,  Wertschätzung und die fachliche Auseinandersetzung als kritisches Korrelat waren für beide Künstler ein fruchtbares Zusammenarbeiten und sicherlich ein guter Nährboden für die malerische Weiterentwicklung.

 

 

Brigitte Mikl Bruckner zeichnet sich durch ein unbeirrbares Suchen nach dem Ausdruck ihrer malerischen Erzählung aus. Auch wenn das bedeutet, Kunstwerke Jahre später durch ein oder zwei Pinselstriche oder Farbflächen zu ergänzen und Bestehendes noch einmal mit einem frischen Blick zu überarbeiten. Das wirklich Wesentliche soll dargestellt werden und ihre Freiheit in der Sicht auf die Welt und die Dinge dem Betrachter in ihrer schönsten Form geschildet werden.